sopra Magazin 5

92 sopramagazin 2016 inside Einfachheit siegt über Komplexität.Wie mit einer simplen Idee gutes Geld verdient werden kann, zeigt die Teekampagne, die mit einem neuen Konzept ganz andere Möglichkeiten der Vermarktung geschaffen hat. Nur eine Sorte Tee und nur in Großpackungen. Das spart Zwischenhandel, Transportwege, Lagerkosten und Verpackungsmaterial Eine Idee zur Marktreife bringen E ine Idee zu haben, ist das eine. Den anschließenden geschäftlichen Erfolg das andere. Viele Menschen glauben, dass am Beginn einer Unternehmensgründung eine Erfindung stehen muss. „Der Rest“ sei dann nur noch eine Frage der „Umsetzung“. Das greift aber zu kurz. Die Zahl der Erfinder, die es nie zur praktischen Verwertung ihrer Idee brachten, weil sie es aus organisatorischen, finanziellen oder sonstigen Gründen nicht schafften oder weil andere den Erfolg für sich verbuchten, ist groß. Der Nationalökonom Josef Schumpeter hat deshalb die Unterscheidung zwischen Erfindung und Innovation gemacht. Dies seien zwei grundverschiedene Prozesse. Wenn wir von Unternehmensgründungen sprechen, so Schumpeter, spielten die Innovatoren die Hauptrolle, nicht die Erfinder. Gerade die großen Erfindungen seien oft lange Zeit nicht marktreif, mit Fehlern behaftet, scheiterten oft im ersten Anlauf, würden in ihrer Bedeutung nicht erkannt oder von den Kunden nicht akzeptiert. Erfolgreiche Unternehmensgründer, die Entrepreneure, seien daher in der Regel nicht die Erfinder, sondern Innovatoren, die auf bereits Existierendes zurückgreifen. Etwas ist bereits vorhanden, muss also nicht neu erfunden werden, kann aber in seiner Bedeutung neu entdeckt werden. Die Teekampagne war ein durchschlagender Erfolg und ist heute nicht nur Teetrinkern ein Begriff. Eine ganz einfache Idee eigentlich: „Nur eine einzige Sorte Tee, dafür aber die beste, Darjeeling, und die nur in Großpackungen“, erläutert Prof. Faltin. „Das spart den Zwischenhandel, damit Transportwege, Lagerkosten und Verpackungsmaterial. Mit diesen Einsparungen kann man viel tun, etwa ein Unternehmen durch Eigenkapital wachsen lassen und faire Preise bezahlen.“ Sein Ansatz lehrt, dass Einfachheit über Komplexität siegt und dass heutzutage Komponenten zur Verfügung stehen, mit denen jeder zum Gründer werden kann. Das Internet ist der primäre Vertriebskanal für den Tee. „Ursprünglich war es nur eine kleine universitäre Utopie, die in der ökonomischen Praxis erprobt werden sollte“, so Prof. Faltin. Mittlerweile ist aus der Utopie ein florierendes Wirtschaftsunternehmen geworden. Ihm gelang es, einerseits den theoriegeplagten Studenten mit einem praxisorientierten Projekt „Marktwirtschaft live“ zu vermitteln, andererseits verkrustete Marktstrukturen aufzubrechen. Als Unternehmensgründer braucht man kein Patent und nicht viel Kapital, betont Prof. Faltin. Das Beispiel Teekampagne zeige, DieTeekampagne ist heute bei vielenTeetrinkern ein Begriff. Technischer Fortschritt hat im Bewusstsein der Bevölkerung etwas Zukunftsweisendes. Es gibt aber nicht nur Technologie als treibende Kraft. Fortschritte können auf vielen Ebenen erzielt werden: organisatorischer Fortschritt, Konventionen auf den Prüfstand stellen, Neukombination vorhandener Ressourcen, bessere interkulturelle Zusammenarbeit, Mehrfachnutzung … um nur einige zu nennen. Von der Idee bis zum erfolgreichen Unternehmen: Dieser Aufgabe hat sich Günter Faltin, Professor für Entrepreneurship verschrieben, der den Arbeitsbereich Entrepreneurship von der Freien Universität Berlin aufbaute. 1985 gründete er die Projektwerkstatt GmbH und initiierte die „Teekampagne“. Sie ist seit 1995 nach Angaben des Tea Board of India größter Importeur von Darjeeling-Tea weltweit. 1999 gründete Faltin das „Labor für Entrepreneurship“. Darüber hinaus ist er Business Angel und Coach verschiedener Start-Ups, darunter die „ebuero AG“, die „RatioDrink AG“. 2001 errichtete er die Stiftung Entrepreneurship und agiert als Schirmherr der jährlich stattfindenden Veranstaltung Entrepreneurship Summit, wo jedes Jahr Gründungsinteressierte und junge Unternehmen in Berlin zusammentreffen.

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